Der Linzer Ernst Hausleitner kommentiert für den ORF die Skirennen der Damen im Weltcup sowie bei den Olympischen Spielen und die Formel 1. Im Interview spricht der 49-Jährige über die Unterschiede der Fans, die Verschlossenheit der Skifirmen und die Offenheit der Motorsportteams .
Herr Hausleitner, wie gut sollte ein Kommentator jene Sportart beherrschen, über die er spricht?
ERNST HAUSLEITNER: Das ist schwierig, denn jene Sportart, die neben dem Skifahren mein zweites Betätigungsfeld ist, ist die Formel 1. Und es wird kaum einen Motorsport-Kommentator geben, der jemals Formel 1 gefahren ist. Beim Skifahren finde ich schon, dass man ein gewisses Gespür aufbringen sollte, für das, was auf den Pisten passiert, und dafür sollte man halbwegs Ski fahren können. So gibt uns die FIS etwa die Möglichkeit, den Kurs vor dem Start zu besichtigen. Für mich als Kommentator ist das wichtig, denn dann weiß ich: ist es eisig, ist es steil oder bricht die Piste? Wenn du da nicht Ski fahren kannst, liegst unten und das ist eher ungünstig.
Und wie gut fahren Sie Ski?
ERNST HAUSLEITNER: Ich hab den Tiroler Landesskilehrer gemacht und drei Saisonen in Kitzbühel bei den Roten Teufeln unterrichtet.
Welche Dosis Patriotismus halten Sie als ORF-Kommentator und -Moderator für die richtige?
ERNST HAUSLEITNER: Für mich zählt die Leistung und nicht die Nation, deswegen kann ich mich gerade im Skiweltcup mit Läuferinnen mitfreuen, die nicht dem ÖSV zugehörig sind. Auf der anderen Seite muss man sich aber dessen bewusst sein, dass die Skifahrerinnen und Skifahrer die ganz großen Helden unserer Sportnation sind.
„Ich bin ein Freund der Interaktion mit Fans”
Wie wahrt man über die Jahre die journalistische Distanz zu den Athleten? Ihr seid ja doch jede Saison immer an denselben Orten sowie hin und wieder im selben Hotel bzw. Flugzeug?
ERNST HAUSLEITNER: Gerade die familiäre Atmosphäre des Skiweltcups macht es für mich sehr angenehm. Denn das steht zu einer ganz klaren Diskrepanz zur Formel 1 – da hast du die Nähe nicht, nur zu ganz wenigen Protagonisten. Im Weltcup ist es tatsächlich so, dass du zu jemanden hingehst, dich unterhälst und ein persönliches Verhältnis aufbauen kannst. Ich finde das aber eher positiv und es mindert die journalistische Distanz keineswegs. Auch wenn du zu jemandem ein besseres Verhältnis hast, kannst du kritisch über ihn berichten – und ist es angebracht, verstehen es die Läuferinnen auch.
Moderatoren und Kommentatoren stehen ständig unter Beobachtung. Wie geht es Ihnen mit Kritik im Netz?
ERNST HAUSLEITNER: Alles bekomme ich sicher nicht mit, aber in den sozialen Netzwerken wie Twitter, Instagram und Facebook bin ich sehr aktiv – von der ganz herben Kritik bleib ich da meistens verschont. Das Feedback ist meistens positiv und bei der Formel 1 bin ich ein Freund der Interaktion mit den Fans. So rufe ich an den freien Trainings am Freitag die Seher immer auf, via Twitter Fragen zu stellen, um mit Alexander Wurz und mir zu interagieren. Das ist sehr befruchtend und geht teilweise so weit, dass wir auf Dinge aufmerksam gemacht werden, die wir in der Kommentatorenkabine nicht gesehen haben.
„Ich würde mir von den Skifirmen wünschen, dass sie etwas mehr Informationen auslassen”
Wie steht es um die Interaktion mit den Ski-Fans?
ERNST HAUSLEITNER: Es funktioniert in der Formel 1 viel besser als beim Skifahren. Warum, weiß ich nicht. Womöglich ist die Struktur der Seherschaft eine andere. Es kommt bei den Skirennen von den Zusehern viel weniger zurück. Vielleicht spielt bei ihnen Twitter eine kleinere Rolle.
Wie steht es um das Mitteilungsbedürfnis der Skiverbände und Wintersportmarken im Netz?
ERNST HAUSLEITNER: In der Formel 1 sind alle auf Twitter: Teams, Piloten, Hersteller und sie verbreiten laufend Infos – auch während des Rennes. In dieser Form gibt es das im Skiweltcup leider nicht. Ich würde mir etwa von den Skifirmen wünschen, dass sie etwas mehr Informationen auslassen, die zeigen sich nämlich sehr verschlossen. Ein Beispiel: Mikaela Shiffrin ist heuer in Kranjska Gora einen Ski gefahren, den sie nie zuvor gefahren ist, und er hat bei diesen sulzigen Verhältnissen ideal gepasst. Würde das von der Skifirma im Vorfeld thematisiert werden, könnte man sich als Journalist draufsetzen, aber solche Infos kommen nicht. Da ist der Skisport weit hinter der Formel 1. Der Pressesprecher des Formel-1-Teams Mercedes hat für Journalisten sogar eine eigene WhatsApp-Gruppe und füttert uns aktiv während der Rennen mit exklusiven Informationen. Das finde ich sehr fortschrittlich und lässig.
Und so will man die Journalisten nicht steuern?
ERNST HAUSLEITNER: Nein. Wenn seine Infos nicht der Wahrheit entsprechen würden und er dich nur am Schmäh halten wollen würde, steigst sofort aus der Gruppe aus. Dank der Gruppe erfahren wir quasi live, warum etwa Lewis Hamilton gerade Probleme hatte oder warum Valtteri Bottas zwei Runden früher an die Box kommt.
„Ski-Weltcup oder Formel 1? Beides hat seine Reize”
So etwas gibt es weder im Fußball noch im Skisport – Live-Infos von der Trainerbank bzw. der Strecke.
ERNST HAUSLEITNER: Das wäre natürlich super, wenn du als Kommentator bereits während des Rennens Informationen aus erster Hand geschickt bekommst. Warum etwa ist Nici Schmidhofer am Tor vorbei gefahren zum Beispiel…
Sie kommentieren (in der Kabine) und moderieren (im Ziel). Welche Tätigkeit ist Ihnen lieber?
ERNST HAUSLEITNER: Grundsätzlich bin ich … hm, darf ich das sagen? Grundsätzlich bin ich lieber Kommentator, weil du näher am Geschehen dabei bist. Du bist in der Sekunde, in der das Ereignis passiert, da.
Und wenn Sie sich zwischen dem Ski-Weltcup und der Formel 1 entscheiden müssten?
ERNST HAUSLEITNER: Das wäre eine ganz schwierige Entscheidung, weil ich keine Vorlieben habe. Beim Weltcup ist der Zugang ein anderer, weil es die familiäre Atmosphäre gibt und die Community kleiner ist. In der Formel 1 ist alles überdimensioniert, hektisch, schwieriger, dafür ist auch die Challenge vielleicht noch ein bissl größer zu reüssieren. Aber es hat beides seine Reize.