Rund um den Weltcup

Mein Olympia – ein nächtlicher Kampf gegen den Schlaf

Die nächtliche Perspektive auf die Skirennen in Pyeongchang © Skiing Penguin
Die nächtliche Perspektive auf die Skirennen in Pyeongchang © Skiing Penguin

Aus den schrecklich-schönen Nächten eines Skifans, den die frühmorgendlichen Startzeiten in Pyeongchang Rennen für Rennen an seine Grenzen bringen. Obwohl er dazu nicht einmal aufsteht. 

Wer an einem Sonntagmorgen um 2.15 Uhr wach ist, aber nicht eben erst von einer Zechtour heimkehrt, scheint eher untypischem Nachtwerk nachzugehen. Wer sich an einem Sonntagmorgen um 2.15 Uhr von einem durch Mark und Bein dringenden Weckton aus dem Schlaf reißen lässt und weder in den Schichtbetrieb muss noch als Bäcker arbeitet, der zählt zu den unverbesserlichen Sport-Besessenen.

Diese Olympischen Winterspiele sind nicht nur für die Athleten ein Ereignis, das besondere Leistungen und Belastungen mit sich bringt, auch für uns Couch-Potatoes. Obwohl, die Fernsehcouch spielt während den Ski-Bewerben in Südkorea keine Rolle. Wer nach zwei bis drei unerholsamen Stunden Schlaf die Augenlider kaum offen halten kann, feiert schon einen kleinen Sieg gegen sich selbst, wenn er sich im Bett halbwegs aufrichtet, um nicht sofort wieder einzunicken. Der Weg zur Couch ist ebenso ungangbar wie jener in die Küche, um eine Tasse Kaffee zuzubereiten. Nicht nur der Mühsal wegen. Ein paar Schluck von dem schwarzen Gold und schon gibt es zwischen erstem und zweitem Durchgang ein böses Erwachen: 1. das Aufbleiben und 2. das Aufbleiben während kein Skirennen stattfindet.

Noch vor ein paar Wochen kümmerte einen die Zeitverschiebung von neun Stunden überhaupt nicht. Einerseits sind Olympische Winterspiele nun einmal eher auch von globaler und nicht nur alpenländischer Bedeutung, außerdem haben wir Sport-Verrückten auch die Fußball-Weltmeisterschaft in Südkorea und Japan 2002 live vor den Bildschirmen miterlebt. Dass ein Fußballmatch im Gegensatz zu einem Slalom allerdings nicht um 10.15 Uhr Ortszeit angepfiffen wird, leuchtete leider erst in den letzten Tagen ein. Beim damaligen WM-Finale etwa war es in Mitteleuropa 13 Uhr.

Der größte Härtetest bei den Spielen in Pyeongchang sind also die technischen Bewerbe mit zwei Durchgängen. Sich darauf einzulassen hat aber immerhin gleich drei gute Gründe: 1. Läuft sportlich alles nach Plan, darf man spätestens nach Startnummer 15 wieder einschlafen. 2. Man hat das exklusive Gefühl, der ORF überträgt zu dieser Zeit nur für einen persönlich (Ein Irrtum übrigens: Sonntagnacht etwa saßen bzw. lagen um 2 Uhr 144.000 Österreicher vor den Schirmen. Ob wach oder fest schlafend kann der Teletest jedoch noch immer nicht feststellen). 3. Man hat das stolze Gefühl, kein Schönwetter-Fan zu sein (Kein Irrtum übrigens. Wiewohl, noch eingeschworenere Fans, wie jene von Vincent Kriechmayr, flogen freilich mit nach Südkorea).

Die Duplizität der Ereignisse sucht einen bereits um 5.45 Uhr heim – das Murmeltier grüßt in diesem Fall nicht gnädig täglich, sondern zweimal binnen 3,5 Stunden. Der Weckton ist von derselben Schrecklichkeit wie die Unerholsamkeit des jüngsten Schlafes. Die Couch bleibt ebenso wieder verwaist wie die Küche, denn ein Kaffee würde den dritten Durchgang Nachtruhe verunmöglichen – jenen nach der „Flower Ceremony“ im Ziel ohne flowers, dafür mit Maskottchen Soohorang. ORF-Stimme Oliver Polzer lässt die Zuseher um 6.15 Uhr übrigens wissen: „Jetzt ist dann schön langsam auch in Österreich eine vernünftige Uhrzeit, sich ein Skirennen anzusehen.“ Stimmt. Allerdings vor allem langsam. Nun allerdings kann jeder Fehler folgenschwer sein. 

Denn wer jetzt irrtümlich wieder einnickt, läuft endgültig Gefahr, eine richtige Entscheidung zu versäumen. Und seien wir ehrlich: Wer den ersten Durchgang gesehen hat, den zweiten aber verschläft, ist nicht in Olympiaform. Inzwischen tragen aber auch Oliver Polzer und Co-Kommentator Hans Knauß ihre Scherflein dazu bei, dass ihr Publikum dran bleibt: Ihre – in den meisten Fällen – sympathische Hysterie, reißt jeden Dösenden aus der Zwischenwelt. Um 6.49 Uhr holt Marcel Hirscher Gold und nicht nur der Salzburger darf zufrieden sein, auch das Publikum, das diese sportliche Leistung mit schrecklich-schönen Nachtstunden vor dem Kastl zu würdigen wusste. Unser Lohn: zweimal Durchschlafen, denn es folgen zwei Ski-freie Tage. Der Wecker schrillt wieder am Mittwoch um 3 Uhr, wenn die Damen downhillen.

Aber am 25. Februar hält wieder Normalbetrieb Einzug in den Schlafzimmern der unermüdlichen Skifans. Und die nächsten Olympischen Spiele sind ja bestimmt zeittechnisch besser gelegen, sprüht ein Funke Hoffnung durch die verschlafenen Hirnzellen. Doch nein. Peking ist der Austragungsort der Spiele 2022, nur wenig näher an Österreich als Pyeongchang. Aus heimischer Sicht werden die Rennen als nur um eine Stunde später beginnen, sofern das IOC keine Entscheidungen unter Flutlicht anregt.