Im Alter von 25 Jahren feiert Johannes Strolz den größten Erfolg seiner Karriere: Der Vorarlberger holt sich die Gesamtwertung im Europacup und will sich nächste Saison im Weltcup etablieren. Dabei ist es ihm wichtig, alles stets nüchtern zu betrachten – Triumphe wie Pleiten.
Wer Johannes Strolz zuhört, stellt bald fest, dass einem ein sehr reflektierter Ski-Profi gegenübersitzt. Der Vorarlberger scheint vor allem aus den Tiefen seiner Karriere die richtigen Schlüsse gezogen haben, denn heuer gelang ihm mit 25 Jahren der große Wurf: Sieg in der Gesamtwertung des Europacups, dank großer Konstanz (15 Mal in den Top 8, vier Siege). So kann er fortan ganz entspannt an die nächste Saison im Weltcup herangehen, denn der Sohn von Olympiasieger Hubert Strolz ist in allen Disziplinen startberechtigt – unabhängig von lästigen Qualifikation oder Trainerentscheidungen. Nun will Johannes Strolz vor allem im Riesentorlauf zur Weltelite aufschließen, denn für einen Durchbruch sei es längst nicht zu spät und zählt die Beispiele Alexander Choroschilow (35) und Dave Ryding (31) auf.
Herr Strolz, alles Gute zum Gewinn der Gesamtwertung im Europacup! Was bedeutet Ihnen dieser Titel?
JOHANNES STROLZ: Das ist in meiner Karriere bisher mit Abstand das Größte. Der Stellenwert ist für mich deshalb so groß, weil es für diesen Titel eine Saison lang konstant gute Leistungen braucht. Ich bin brutal happy.
Wie sehen Ihre Ziele für die kommende Saison aus? Immerhin dürfen Sie dank des Triumphs im Europacup nun im Weltcup in jeder Disziplin an den Start gehen.
JOHANNES STROLZ: Der Fokus liegt weiterhin auf Slalom und Riesentorlauf. Für mich ist es wichtig in der nächsten Saison noch einen Schritt nach vorne zu machen – aber in sämtlichen Bereichen. Sprich skitechnisch, materialtechnisch sowie körperlich und mental. Ich will mich nun in Ruhe vorbereiten und im Weltcup konstant punkten.
Wie sollte die Weltcupsaison verlaufen, damit Sie im März 2019 zufrieden zurückblicken können?
JOHANNES STROLZ: Zufriedenstellend wäre es, wenn ich am Ende der Riesentorlaufsaison unter den Top 30 wäre. Im Slalom wäre es eine gute Saison, wenn ich regelmäßig punkten würde. Auch hier unter den Top 30 zu sein, ist mir etwas weniger wichtig als im Riesentorlauf, denn in dieser Disziplin bin ich schon einen Schritt weiter. Nichtsdestotrotz gehe ich alles mit großem Respekt an, weil ich einfach weiß, wie knapp gut und schlecht beim Ergebnis beieinander liegen können. Daher muss ich es immer nüchtern betrachten, sollte es einmal nicht so laufen oder ein Super-Ergebnis daherkommen.
Sie sind 25 Jahre alt. Was hat bisher gefehlt, um im Weltcup arriviert zu sein? Waren so viele andere besser? Hatten Sie Pech oder haben Sie Fehler gemacht?
JOHANNES STROLZ: Pech hab ich auf keinen Fall gehabt. Von Pech und Glück im Spitzensport halte ich persönlich nicht viel. Ich hab in gewissen Bereichen einfach viel dazulernen müssen. Konsequent trainiert hab ich immer und ich war auch immer in einer guten körperlichen Verfassung, aber mental sowie ski- und materialtechnisch musste ich mich sehr entwickeln.
Können Sie das bitte präzisieren?
JOHANNES STROLZ: Das heißt, ich habe gelernt, wie ich mit gewissen Situationen am besten umgehe und ich habe aus vielen Fehlentscheidungen aus den letzten Jahren die richtigen Schlüsse gezogen. So habe ich oft gute Leistungen gebracht, war mit mir selbst aber nicht zufrieden genug und habe mich so selbst blockiert. Ich war oft viel zu ungeduldig. Mithilfe von Trainern und Betreuern habe ich das aber in den Griff bekommen.
Ist die kommende Saison so etwas wie Ihre letzte Chance oder sehe ich das zu drastisch?
JOHANNES STROLZ: Nein, im Gegenteil. Beispiele aus den letzten Jahren zeigen, dass man auch mit Ende 20 den Durchbruch schaffen kann. Zu sehen war das etwa bei Alexander Choroschilow oder Dave Ryding. Choroschilow hat im Alter von 23 schlechtere FIS-Punkte gehabt als ich und mit 30 dann das Night Race in Schladming gewonnen. Am Papier betrachtet bin ich ein 92er-Jahrgang mit zehn Weltcup-Punkten – da denken sich viele „puh, schwierig“. Aber der Sport ist kein Wunschkonzert. Wichtig ist es, kontinuierlich vorwärts zu kommen und so lange ich merke, dass ich besser werde und das Potenzial hab, werde ich nicht das Handtuch werfen. Bei manchen erfolgen die Schritte nach vorne schneller und sind größer, bei mir sind sie halt – bis jetzt – mühsamer. Aber speziell in den letzten beiden Jahren hab ich mich gut entwickelt.
Sie wollten bis jetzt noch nie das Handtuch werfen?
JOHANNES STROLZ: Es war nicht immer einfach. Im Europacup hat es Saisonen gegeben, in denen ich bei 90 Prozent der Rennen eine auf den Deckel bekommen hab. So etwas nagt schon am Selbstvertrauen, aber ich habe immer gekämpft und Lichtblicke gesehen. So wirklich ans Aufhören habe ich nie gedacht.
Wie schwer ist die finanzielle Situation, wenn es nicht läuft?
JOHANNES STROLZ: Als Mitglied des ÖSV hat man grundsätzlich die Voraussetzung, dass man das auch ohne große Einkünfte ein bis zwei Saisonen absolvieren kann. Es werden Reise- und Hotelkosten übernommen sowie die Liftkarten, Startgelder, Trainer und Physiotherapeuten bezahlt. Dieses Rundum-Paket ist schon gewaltig. Was bei mir auch sehr wichtig ist, dass ich im Polizeikader bin. Diese finanzielle Unabhängigkeit ist sehr entscheidend, denn der Skisport ist sehr kostenaufwändig und meine Eltern haben schon in jungen Jahren sehr viel Zeit und Geld in das Ganze investiert und irgendwann will man auf eigenen Beinen stehen. Das ist durch die Unterstützung der Polizei sowie meines Kopfsponsors Kaufmann Zimmerei in Reuthe im Bregenzerwald und meiner Skifirma Head möglich.
Das heißt, wäre Ihrer Karriere vorbei, könnten Sie als Polizist arbeiten?
JOHANNES STROLZ: Genau. Nach der Saison mach ich noch eine Dienstprüfung, dann habe ich meine vierjährige Ausbildung abgeschlossen und dann könnte ich jederzeit als Polizist arbeiten.
Auf welche Rennen freuen Sie sich nächstes Saison denn besonders?
JOHANNES STROLZ: Die Weltcuprennen sind alle wunderschön, was bis jetzt immer brutal cool war, sind die Riesentorläufe in Alta Badia und Adelboden. Aber speziell freue ich mich auf den Riesentorlauf in Beaver Creek. Da war ich nämlich noch nie und ich glaub, das wird eines meiner Highlights.
Was rät Ihnen eigentlich Papa Hubert Strolz?
JOHANNES STROLZ: Der Papa ist in erster Linie Papa. Wir haben ein sehr angenehmes Verhältnis und er steht immer zu 100 Prozent hinter mir. Er unterstützt mich, wo es nur geht, lässt mir aber auch sehr viel Freiraum. Der Papa gibt mir zwar Ratschläge, sagt mir aber nicht, was ich zu tun hab.