Für eine sehr exklusive Gruppe Österreicher beginnt jetzt wieder eine der schönsten Zeiten des Jahres: die Grasski-Saison mit ihrem Weltcup-Auftakt am 26. Mai in der Slowakei. So artverwandt der Sport mit dem Skifahren auch sein mag, bremsen kann man auf den Pisten nicht.
Die Temperaturen kletterten zuletzt unaufhaltsam, die letzten Skigebiete (ohne Gletscher) machen am 1. Mai dicht und der Schnee ist großteils nur mehr als Schmelzwasser in den Bächen zu erahnen. Schade für Winter- und Weltcupfans, Grund zur Freude für Anhänger einer artverwandten Rennserie: dem Grasski. Seit Wochen wird für den Saisonstart am 26. Mai in Piestany (Slowakei) trainiert und zwischen 4. und 6. Mai läuft das erste (von zwei) Nachwuchscamp im niederösterreichischen Schwarzenbach.
Wer Grasski fährt, darf sich zu einer sehr exklusiven Gesellschaft in Österreich zählen. Während 38 Prozent der Bevölkerung zumindest hin und wieder (versuchen) Schwünge in den Schnee zu zaubern, sind es auf Gras wohl keine 100 Leute: „Wer unseren Sport öfter betreibt, macht das rennmäßig und es sind ca. 40 bis 50 Personen, die es intensiv machen“, sagt Gottfried Wolfsberger. Er leitet beim ÖSV die Abteilung Grasski. Zum A-Kader zählen aktuell 16 Athleten und die Tendenz des Zuspruchs ist seit etwa 20 Jahren stabil: „Es gibt zu wenige Graspisten in den Bundesländern und dadurch auch zu wenig Vereine.“
So eine Skipiste für den Sommer lässt sich aber auch nicht so leicht in die Botanik setzen, denn einen Ratrak, der Wiesen mit einer Überfahrt in Teppiche verwandelt, gibt es nicht: „Unsere Pisten dürfen nicht zu steil, nicht zu löchrig, nicht zu steinig und auch nicht zu uneben sein, denn es werden schnell hohe Geschwindigkeiten erreicht“, erklärt Wolfsberger. Und die Geschwindigkeit führt schon zum größten Unterschied zwischen Grasski und alpinen Skilauf: „Da man nicht bremsen kann, muss man den Grasski ausfahren, um zu stoppen.“ Somit ist ein großer Zielauslauf stets part of the race.
Ein Grasski besteht aus einer Laufschiene, über die mit Hilfe von Rollelementen der Belag – ein Gurt mit Gleitelementen – läuft. Klingt kompliziert, ist aber ähnlich wie bei Raupenfahrzeugen a la Bagger, Panzer oder Ratrak. Ein guter Skifahrer lernt das Grasskifahren naturgemäß schneller – umgekehrt ebenso: „Da er mit dem Bewegungsablauf einigermaßen vertraut ist. Alpin ist eine gleitende Bewegung, Grasski rollend“, schildert Wolfsberger.
Die erfolgreichsten Sportler im Grasski-Weltcup sind Ingrid Hirschhofer und der Tscheche Jan Nemec. Die Niederösterreicherin gewann zwischen 2002 bis 2009 achtmal hintereinander den Gesamtweltcup, Nemec wiederum konnte ihn von 2002 bis 2011 neunmal für sich entscheiden. Das Grasski-Wunder ist jedoch Hirschhofer, die mit 54 Jahren noch immer aktiv ist. Sie ist unglaubliche 22-fache Weltmeisterin, 16-fache Europameisterin und 95-fache Österreichische Meisterin.
Auch in der abgelaufenen Saison zeigte Österreich wieder, dass es zu den stärksten Nationen gehört. Den Gesamtweltcup (aus Slalom, Riesentorlauf, Super-G und Kombination) bei den Damen gewann zwar Barbara Mikova aus der Slowakei, dahinter folgten aber mit Jacqueline Gerlach und Kristin Hetfleisch zwei ÖSV-Läuferinnen. Den Herren-Weltcup entschied mit Edoardo Frau ein Italiener für sich. Auf Platz zwei folgte jedoch Michael Stocker aus Wiener Neustadt. Zu gewinnen gibt es im Grasski-Weltcup in erster Linie Ehre und Freude an der Bewegung, verdient werden kann höchstens ein Taschengeld.
Wer sich dem Sport in diesem Sommer annähern möchte, hat zwei Möglichkeiten: Weltcup-Rennen steigen in Rettenbach im Burgenland am 16. und 17. Juni, FIS-Rennen in Schwarzenbach von 6. bis 8. Juli sowie die Nachwuchsrennen des Austria-Cups (Details hier). Und wer es selbst versuchen möchte, kann das im burgendländischen Rettenbach (mit Skiverleih), dem niederösterreichischen Schwarzenbach (mit Skiverleih) sowie in Kaprun. Und Gottfried Wolfsberger hofft auf eine weitere Piste: „In der Steiermark versucht man heuer eventuell in Turnau, eine renntaugliche Piste zu optimieren, nachdem es durch den Abbau des Liftes in St. Kathrein am Offenegg keine Möglichkeit mehr gibt. In Tirol hatten wir bis vor zwei Jahren im Zillertal eine Grasskipiste.“
Die Hoffnung darauf, dass Grasski auch einmal olympisch wird, hat Wolfsberger nicht aufgegeben: „Das wurde schon einige Mal versucht. Ich glaube aber, wenn man es energisch probiert und mit mehreren Nationen vorantreibt, kann es möglich sein.“
Noch mehr Infos findet ihr auf der Seite des Österreichischen Grasski-Teams.