Auf den Berg mit Hermann Maier, Kjetil Jansrud oder Marcel Hirscher? In Kitzbühel wird der Wunsch vieler Skifans zwar nicht im klassischen Sinn wahr, doch lässt auch eine Fahrt in der dem Lieblingssportler gewidmeten Gondel der Hahnenkammbahn so manches Herz höher schlagen.
Niemand kann sich dessen erwehren. Weder die Einheimischen, noch die Zuagroasten und schon gar nicht die Urlauber. Wer den weltberühmten Hahnenkamm mit der nicht minder bekannten Hahnenkammbahn erobern möchte, schaut unweigerlich zuerst in wessen Gondel man zur Bergstation auf 1670 Meter Seehöhe gondelt. Denn seit 1998, als die Sechser-Einseilumlaufbahn eröffnet wurde, zieren die Kabinen die Namen der Hahnenkammsieger (aus Abfahrt, Slalom, Kombination und Super-G). Und angesichts dieser langen Geschichte des „Super Bowl des Skisports“ – die Premiere fand 1931 statt – ist die Chance gar nicht so klein, dass man in einer Gondel Platz nimmt, deren Namenspatron einem nichts mehr sagt: Gerhard Nenning? Walter Tresch? Oder Bohumir Zeman? Der Vorarlberger Nenning gewann die Abfahrt 1968, der Schweizer Tresch die Kombination 1976 ebenso wie der Tscheche Zeman fünf Jahre später.
98 Gondeln hängen derzeit auf dem Seil der Hahnenkammbahn und seit der jüngste Abfahrts-Sieger Thomas Dreßen die Nummer 68 feierlich gewidmet bekam (Details lest ihr hier), sei man „knackevoll“, wie Michael Huber sagt. Aber der Präsident des Kitzbüheler Skiclubs (KSC), der Veranstalter des Hahnenkamm-Rennens, beruhigt alle kommenden Premierensieger: „Die Gondeln gehen uns nicht aus. Wird es eng, fassen wir die Gewinner der einzelnen Jahrzehnte in einer Gondel zusammen“. So geschehen etwa schon mit den Helden der 1930er, 1940er- und 1950er-Jahre. Immerhin drei Gondeln sind den Frauen gewidmet, denn bis 1961 bezwangen auch die Damen die Streif. Die Ära endete mit Traudl Hecher, die 1961 Abfahrt, Slalom und Kombination für sich entschied.
Seit 2009 erfolgt die Gondelübergabe an die Sportler auch in einem offiziellen und feierlichen Rahmen im Sommer. Nicht etwa der Party oder den schönen Bildern und Videos wegen: „So pflegen wir die Beziehung zwischen Athleten, Veranstalter und dem Ort“, sagt Michael Huber und erzählt, dass etwa Thomas Dreßens Mutter gerade in Kitzbühel weilt. „Früher fanden die Siegerehrungen der Hahnenkamm-Rennen am Sonntagabend statt. Von der Stadt ging es feierlich mit Stadtmusik, Skilehrern mit Fackeln, Sportler, Funktionären, Serviceleuten und Zuschauern zur Hahnenkammbahn. Um 21.30 Uhr hat dann eine große Party im Grand Hotel ein paar Meter daneben begonnen – und da hast Kontakte geknüpft.“ Heutzutage undenkbar: „Die Läufer sind 15 Minuten nachdem der Letzte im Ziel ist weg.“
Auch für Josef Burger, Vorstand der Bergbahn AG Kitzbühel, gehört der Termin zu einem der Höhepunkte im Sommer: „Die Gondelübergabe ist auch ein Symbol dafür, dass ein Sieg beim Hahnenkamm-Rennen mehr ist als eine Bestzeit. Es entsteht auch eine besonders emotionale Verbindung zum Hahnenkamm und die wird so in anschaulicher Weise dokumentiert.“
Der Akt wurde binnen kürzester Zeit so beliebt, dass sich selbst Sieger von damals, die längst eine Gondel hatten, eine nachträgliche offizielle Übergabe wünschten. Und Franz Klammer wurde dieses Anliegen auch erfüllt. Der Kärntner – Sieger von 1975 bis 1977 – darf sich übrigens auch sicher sein, stets seine eigene Gondel zu haben – selbst wenn die Gewinner der 1970er-Jahre zusammengefasst würden. Gebürtigen Kitzbühelern wie etwa Toni Sailer, Ernst und Hansi Hinterseer, Karl Koller, Anderl Molterer gebürt nämlich ebenso ihre eigene Gondel wie Mehrfachsiegern à la Franz Klammer, Jean-Claude Killy, Ingemar Stenmark, Ivica Kostelic, Kjetil-Andre Aamodt oder Didier Cuche.
„Mit allen, mit denen wir die Gondelübergabe gefeiert haben, besteht eine ganz besondere Verbindung“, sagt Michael Huber und erinnert sich dabei besonders gerne an den Akt mit Ivica Kostelic oder Peter Fill. „Bei denen, wo wir den Namen nur hinaufgeschrieben haben, ist das Verhältnis nicht dasselbe.“ Nicht jeder findet nämlich Zeit für den Termin im Sommer: Marcel Hirscher zum Beispiel war noch nicht da und der Salzburger gewann den Slalom immerhin schon zweimal (2013 und 2016). „Bei so einem Ausnahmeathleten ein Zeitfenster zu finden, ist aber auch sehr schwierig“, sagt Michael Huber. „Wir laden aber auch niemanden zweimal ein“, ergänzt Josef Burger.
Keinen Einfluss haben die Sportler auf die Nummer, die ihre Gondel trägt. Hansi Hinterseer etwa hat 3, Kjetil Jansrud 4, Marcel Hirscher 8 und Thomas Dreßen 68. Nur eines stand von vornherein fest: „Die einzige Vorgabe war, dass Toni Sailer die Nummer 1 bekommt, da waren sich alle einig. Er hat auch die erste offizielle Fahrt mit der damals neuen Bahn in der Sailer-Gondel gemacht“, erinnert sich Michael Huber noch genau.
Und was, wenn die heute 20 Jahre alte Bahn ausgedient haben wird? Sollte es einmal eine neue Gondeln geben, würden es sicher „größere Fahrbetriebsmittel“ sein, sagt Josef Burger. Ergo hingen dann viel weniger Gondeln auf dem Seil. Aber einerseits ist das Zukunftsmusik, andererseits werde es „auch dafür eine Lösung geben“, ist Michael Huber sicher.