Florian Köfer (38) hat einst sein Kärntner Bergdorf verlassen, um als Skicrosser und Freerider die Welt zu sehen. Fast 20 Jahre später liegt sein Lebensmittelpunkt wieder auf dem Falkert. Als Geschäftsführer der „Heidi-Alm“ sowie Skiführer und Skilehrer. Der Auszug musste sein, um jetzt „endlich anzukommen“.
Das idyllische Bergdorf Falkert zählt zu Österreichs versteckteren Naturparadiesen. Der 45-Einwohnerort zwischen den „hotteren Spots“ Bad Kleinkirchheim und der Turracherhöhe befindet sich auf 1875 Meter Seehöhe und lockt nicht nur mit einem kleinen Skigebiet, sondern auch als Wander-Eldorado, einem sehr erfrischenden See sowie einem Themenpark für Kinder. Zudem thront über dem Gewässer der Falkertspitz, mit 2308 Metern der einzige alpinere Gipfel unter den sanften „Nockerln“ der Nockberge, auf den demnächst auch zwei Klettersteige führen. Aber so malerisch das hochalpine Nest in Kärnten für Urlauber und Tagestouristen auch sein mag, wer hier aufwächst, den zieht es irgendwann fort – und das eher früher als später. Denn ein Lebensmittelgeschäft sucht man am Falkert ebenso vergeblich wie ein Kino, einen Sportverein, eine Disco, einen Arzt oder – ganz einfach – ein paar mehr Gleichaltrige.
Auch Florian Köfer ist es nicht anders ergangen. Als Spross der Hoteliers-Familie Köfer, die 1967 das Sporthotel auf dem Berg eröffnete, war dem heute 38-Jährigen zwar eine ziemlich unbeschwerte Kindheit à la Heidi bzw. „Ziegen-Peter“ beschienen, aber irgendwann folgte die Abnabelung. In seinem Fall spätestens an der Tourismusschule Bad Hofgastein. Wie der Falkert ist zwar auch Bad Hofgastein umgeben von Bergen, aber zumindest war es eine neue Umgebung für frische Inspiration, denn „die letzten 15 Jahre hab ich lange nicht gewusst, was ich eigentlich werden möchte“, erinnert sich Florian Köfer.
Liegt der Heimatort in den Alpen auf 1875 Meter Seehöhe gehört der Schnee unweigerlich zum Leben dazu und auch wenn Florian Köfer seine „Rennkarriere als Skifahrer“ schon als 15-Jähriger beendet hatte und – wie so viele in den 90er-Jahren – aufs Snowboard wechselte, so gelangte er in Bad Hofgastein zurück zu den Wurzeln: „Um die Jahrtausendwende ist das Skifahren wieder cool geworden und dann haben wir auch schon die ersten Heftln mit Buckelpisten- und Extremskifahrern aus den USA bekommen.“ In einer Zeit vor MySpace, StudiVZ, Facebook, Instagram und Co haben sich Jugendliche tatsächlich noch von Printmagazinen inspirieren lassen.
Und man griff damals auch noch klassisch zum Telefon. Denn als sich Köfer, nach der Matura und inzwischen staatlich geprüfter Skilehrer, in Innsbruck zum Studieren niederließ, brauchte er als erstes einmal ein Paar Ski. Also telefonierte er ein paar Marken ab, ob man ihm – „einem Staatlichen“ – nicht gerne ein Paar sponsern möchte. Noch verrückter als seine Anfrage war nur die Reaktion bei Rossignol: „Sie haben mich gefragt, ob ich nicht in ihr Skicross-Team möchte. Das sei ganz etwas Neues und Wildes. Eine Stunde später haben wir uns getroffen und kurz darauf hab ich eine volle Ausrüstung gehabt und sechs Paar Ski.“
Drei Saisonen war Köfer Athlet der Salomon Crossmax Series, einem Vorläufer des Weltcups: „Wirklich gerissen hab ich nix, aber es war eine Riesengaudi. Außerdem hab ich gewusst, dass ich nicht schlecht fahre und einen guten Style hab.“ Und der Style war es, der den nächsten Karriereschritt vorzeichnete. Denn neben (dem inzwischen abgeschlossenen) BWL-Studium und Training verbrachte er auch viel Zeit mit Snowboard-Freeridern in Tiefschneehängen: „Das war damals mehr eine Freestyle- als eine Freeride-Szene. Und Ski-Freerider hat es auch noch kaum welche gegeben“, erzählt Köfer. Und plötzlich avancierte er wieder zu einem kleinen Pionier: „Am Ende der Skicross-Saison bin ich zu Rossignol gegangen und hab gesagt, dass ich gerne nur noch freeriden würde und hätte gerne Freeride-Ski.“ Wieder kein Problem und fortan war der Kärntner eben Freerider.
Bald zählte er in der Szene zu den 20 besten Tiefschneeakrobaten, allerdings ging es dabei weniger um Siege bei Wettbewerben, als vielmehr um die Eigenvermarktung. Und das noch immer in einem Zeitalter vor Facebook, Instagram und Co: „Es ging um Coverages in Magazinen, denn nur so hast du deine Sponsoren bedienen können. Es gab Freerider, die nie einen Contest gefahren sind. Du musstest halt mit den Fotografen zusammenkommen, die erstens gute Kontakte zu den Magazinen haben und zweites gute Bilder machen konnten – und davon gab es eine Handvoll“, sagt Köfer.
Verdient hat er in der Zeit kaum etwas, allerdings hatte er auch keine Ausgaben, da ihm die Sponsoren alles zur Verfügung stellten – von der Ausrüstung bis hin zu den weltweiten Trips zu den Contests. In Sachen Tiefschnee schwärmt Köfer bist heute von British Columbia und seinen „Treeruns“ – den Waldabfahrten. In Sachen Ursprünglichkeit kann Lyngen in Norwegen nichts toppen: „Wir sind mit dem Segelboot durch die Fjorde gefahren und haben uns vom Meer aus die Berge angesehen. Hat uns einer gefallen, sind wir mit den Tourenski hinauf und abgefahren.“
Passiert ist ihm in den vier Jahren als Freerider nichts. Bis zu den Filmaufnahmen in Chamonix, wo sein Sprung etwas zu weit ging und sich bei der Landung Köfers Kreuzband meldete. Ein Jahr später riss es im Sommer erneut und da traf es sich gut, dass er im Alter von 30 ohnehin einen Schnitt machen wollte – neben dem medizinischen vor allem einen beruflichen. Allerdings dauerte der Ausflug in die Marketing-Abteilung von Völkl nur kurz, denn fast über Nacht übernahm Köfer zusammen mit seinem Bruder Lukas die vier Lifte auf seinem Hausberg in Kärnten, die davor in den Konkurs geschlittert waren: „Ab dann bin ich die meiste Zeit mit der Pistenraupe gefahren.“ Nach der Ausbildung zum Betriebsleiter war er mit 2012 dann auch Geschäftsführer des kleinen Skigebietes: „Zur Begrüßung hat uns ein Orkan im ersten Winter die Bergstation des Spitzliftes weggerissen.“
Drei intensive Winter versuchte Köfer sein Bestes, auch wenn die technischen Probleme natürlich „immer mitten in der Nacht bei minus 15 Grad“ aufgetreten sind: „Aber trotz meiner Verwurzelung auf dem Falkert, war ich noch immer nicht ganz glücklich. Und wenn ich schon nicht auf dem Falkert bleibe, dann wollte ich immer schon nach München.“ Zehn Monate später war das Abenteuer bei einem Sportmarketing-Unternehmen aber zu Ende: „Ich bin in München jeden Tag zwei Stunden im Auto gesessen und das zum Großteil im Stau. Dazu noch die ewige Parkplatzsuche! Das bist du als Falkerter nicht gewöhnt und das hat mich fertig gemacht. Hier am Berg stelle ich mein Auto irgendwo ab und lass den Schlüssel stecken.“
Der Abschied aus München fiel aber auch deshalb nicht schwer, weil daheim auf dem „Nachbarberg“ der Turrach das nächste Abenteuer lockte: Köfer übernahm die „Schneesportschule Turracher Höhe“ von Sigi Brandstätter und machte daraus die Skischule „Snowlove“. Und heute, fünf Jahre später, kann Köfer endlich sagen: „Dank des Freeriden hab ich fast die ganze Welt gesehen und jetzt bin ich endlich auch angekommen.“ Zuhause ist er direkt am Falkertsee, die Skischule hat er im Sommer übergeben und fortan widmet er sich ausschließlich „seinem“ Falkert: „Schon in den letzten Jahren war mein Hauptgeschäft die Leitung des Heidi-Kindererlebnisparks hier heroben“. Zusammen mit einer fixen Mitarbeiterin und natürlich seiner Familie managt er die „Heidi-Alm“ und in guten Saisonen durchstreifen den Themenpark bis zu 40.000 Besucher: „Das Thema liegt richtig im Trend und ,Heidi‘ wird von vielen Eltern nach wie vor geliebt, weil es ein gewaltfreies Comic ist, das du jedem Kind zeigen kannst.“ Inzwischen gibt es sogar Besucher aus dem arabischen Raum, die Tagesreisen von Zell am See auf den Falkert unternehmen.
Im Winter, wenn der Heidi-Park geschlossen ist, möchte Köfer seine Passion als Skiführer und numehr exklusiverem Skilehrer weiter vorantreiben. Das weiße Gold bleibt eines seiner Lebenselixiere und als Testimonial der Heliskier von CMH lädt er auch zu Touren nach Kanada ein. Als „Pistenpädagoge“ ganz privat buchen lässt er sich hier. Außerdem „helfe ich meinem Bruder, wo auch immer er mich braucht“. Lukas Köfer führt zusammen mit seiner Frau Julia das „Heidi-Hotel“ und Florian betreut mit seinem Pistengerät die Loipe sowie die Winterwanderwege. „Ich hab ja auch ein bissl ein Rockstar-Lifestyle-Leben geführt und es war voll geil, aber jetzt bin ich hier heroben voll angekommen“, sagt einer, der vom Falkert ausgezogen ist, um nach rund 15 Jahren wieder zurückzukehren.