„Backstage Days“ im Rahmen der Hahnenkammrennen führen einen nicht nur in die heiligen Räume des Starthauses, direkt an die Strecke und in den VIP-Bereich, sondern auch unter die Streif – in einen geheimen Gang, der unterirdisch vom Ziel ins Zielhaus führt.
Die Hahnenkammrennen gehen heuer zum insgesamt 79. Mal über die Bühne und das Interesse an Streif, Ganslern und Kitzbühel ist ungebrochen. Alleine 45 TV-Sender übertrugen etwa die Abfahrt und heuer zum ersten Mal selbst Chinas Staatsfernsehen; „Die Streif wird sogar in mehr Ländern gezeigt, als eine Olympia- oder eine WM-Abfahrt“, weiß Mandi Goller, Cheflogistiker beim Veranstalter KSC, dem Kitzbüheler Skiclub. Vielen Skifans, die das „Kitzbühel-Fieber“ vollends gepackt hat, geht die klassische Berichterstattung offenbar nicht weit genug. Ihnen nimmt man sich in der Gamsstadt auf den sogenannten „Backstage Days“ intensiv an. Hier führen Kitz-Kenner ihre Gäste durch die weniger bekannten, die geheimnisvollen sowie in die fast verbotenen Bereiche rund um das legendärste Skirennen des Weltcups.
So gibt es am Start nicht nur einen respekteinflösenden Blick Richtung Mausefalle zu erhaschen, Peter Feeg führt auch durch die ganz heiligen Bereiche des Starthauses auf 1600 Meter Seehöhe. Der gebürtige Wiener bewirtschaftet das schmucke Häuschen, das für gewöhnlich ausschließlich dem Skiclub und seinen Gästen vorbehalten ist. In der gemütlichen Stube wärmt der Kachelofen, während sich Gäste in die lange Geschichte der Hahnenkammrennen entführen lassen. Untermauert werden die Anekdoten mit unzähligen Bildern an den Wänden: von Anderl Molterer über Hansi Hinterseer und Franz Klammer bis Egon Zimmermann. Nicht weniger beeindruckend ist die hochmoderne Energy Station neben der das historische Starthaus wie eine kleine Holzhütte wirkt. Red Bull lässt den Koloss bereits ab Oktober hochziehen und darin können sich Athleten und Trainer nicht nur aufwärmen, sondern auf den Ergometern im 1. Stock auch auf Betriebstemperatur bringen. Dass es weder an Kulinarik noch an Energydrinks mangelt, versteht sich von selbst.
Nach einer Streckenbesichtigung mit Insidern der Skischule element3 erkunden die Skifans den Zielbereich, wo für viele der Gruppe der eigentliche Höhepunkt auf den „Backstage Days“ wartet: Es soll durch die „Straße der Sieger“ gehen, einem streng geheimen und unterirdischen Gang, der das Ziel der Streif mit dem Zielhaus, dem „Red Bull“, verbindet. Schon die Tage zuvor war das Mysterium immer wieder Thema und selbst in Gesprächen mit Einheimischen wurde deutlich, dass es sich dabei offenbar tatsächlich um eines der letzten großen Geheimnisse rund um das Rennen handeln dürfte. Auch viele Kitzbüheler haben davon noch nie gehört – oder sind große Bluffer 😉 Schließlich öffnet sich aus dem Schnee eine Türe und plötzlich steht man vor einem Stiegenabgang, den eine Tafel ziert: „Straße der Sieger“. Unten angekommen führt ein patriotischer Gang aus rotem Boden und weißen Wänden direkt ins „Red Bull“, wo traditionell die Siegerehrung stattfindet. Die Abkürzung dient aber nicht nur den Topplatzierten auf ihrem schnellen Weg zurück ins Hotel, sondern auch dem KSC, denn eine seiner Kommandozentralen befindet sich während der Rennen im Zielhaus. Fotos und Videos sind von der „Straße der Sieger“ übrigens keine erwünscht.
Ein Vormittag während den „Backstage Days“ gehört dem VIP-Zelt im Zielbereich, offiziell „Kitz Race Club“ genannt. 1500 Gäste fasst das zweistöckige Areal mit einer 1000 Quadratmeter großen Fensterfront gen Streif. Exakt gleich groß ist übrigens der Küchenbereich. Die Karten dafür sind meistens schon Monate vor den Rennen ausverkauft und zu 95 Prozent sichern sie sich die Sponsoren. Der Einzelpreis für einen Tag beläuft sich auf etwa 1200 Euro, aber dafür ist auch alles inklusive. Neben allen Getränken und dem Essen auch der „Beauty Club“, wo 20 Kosmetiker und Friseure zwischen Freitag und Sonntag auf Gäste warten. Während der Rennen wird das Bespaßungsprogramm im „Kitz Race Club“ allerdings unterbrochen, um die VIPs daran zu erinnern, weshalb sie eigentlich in Kitzbühel sind: Abfahrt, Slalom und Super-G wegen. Wer es dennoch nicht schafft, sich unter freiem Himmel auf die Tribünen im Zielhang zu bequemen, kann den Athleten auf einem der über 20 Screens zusehen.
Vertieft wird der mehrtägige Blick hinter die Kulissen durch prominente Gesichter und ihre Geschichten aus erster Hand. Heuer konnten AJ Kitt und Jan Hudec für die „Backstage Days“ gewonnen werden. Der Amerikaner holte sich auf der Streif 1992 den 2. Platz hinter Franz Heinzer und vor Patrick Ortlieb. Jan Hudec fuhr sowohl für Kanada als auch Tschechien im Weltcup und holte sich neben zwei Abfahrtssiegen 2014 bei den Olympischen Spielen in Sochi auch Bronze im Super-G. Die zwei Haudegen nahmen ihr Auditorium mit auf eine ebenso unterhaltsame wie eindrucksvolle „Streif’sche Geschichtsaufarbeitung“. Für AJ Kitt etwa hat das Starthaus auf dem Hahnenkamm noch immer Ähnlichkeiten mit einer Kirche, nicht nur wegen der dort herrschenden Stille: „An anderen Orten wird oft gewitzelt, in Kitzbühel ist es am Start immer leise“, erzählte er. Was aktive Athleten nie zugeben, spricht der heute 50-Jährige offen aus: „Es hat Tage gegeben, da hatte ich vor der Streif Angst.“ Jan Hudec wiederum war einmal heilfroh, dass ihm der Arzt eine nicht ausgeheilte Verletzung attestiert hat und er die Abfahrt auslassen musste bzw. durfte: „Denn an diesem Tag war ich auch mental nicht bereit für die Streif.“ Aber aufgrund der Psyche zu kneifen, wäre wohl auch keine Option gewesen – auf dieser Abfahrt für Männer.
Informationen zu den „Backstage Days“ im Rahmen der 80. Hahnenkammrennen 2020 gibt es auf Nachfrage unter marketing@rasmushof.at sowie unter sophie@hofmannexperience.com. Mehr zum Programm des heurigen Events findet ihr hier.