Zum bereits 59. Mal finden heuer die World Airlines Ski Championships statt, aber zum ersten Mal gastiert die WM der Airliner in Kitzbühel. Piloten, Techniker und Flugbegleiter stellen sich der Herausforderung Ganslernhang. Aber auch einem rustikalen Mottoabend und dem Fun Race – allerdings außer Konkurrenz.
Wenige Wochen nachdem das Olympische Feuer in Pyeongchang erloschen ist, regnet es in Kitzbühel schon wieder Medaillen. Seit Sonntag finden am geschichtsträchtigen Ganslernhang und rund um den Schwarzsee die World Airlines Ski Championships statt – die offizielle Weltmeisterschaft der Fluglinien und ihrer Mitarbeiter. Die Geschichte des Events beeindruckt vor allem diejenigen, die bislang noch nie von einer WM der International Airlines Ski Federation (IASF) gehört haben: Sie findet heuer zum 59. Mal statt. In Kitzbühel ist es zwar eine Premiere, nicht aber in Österreich. 2013 kämpften die Airliner in Saalbach-Hinterglemm, 2010 und 2006 in Schladming.
650 Menschen lockt die WM zwischen 11. und 16. März in die Gamsstadt, etwas mehr als die Hälfte davon sind Teilnehmer, der Rest Fans. Der Herausforderung in den Sportarten Ski Alpin, Snowboard und Langlauf stellen sich 38 Fluglinien – von American Airlines und Austrian über Emirates, Etihad und Qantas bis Swiss und United Airlines. „20 bis 30 Leute bringt eine Fluglinie im Schnitt mit“, sagt IASF-Präsident Stephan Halbe. „Nur American Airlines hat 100 Leute dabei und das spürt man auch.“ Die Abordnung ist nicht nur stets gut hörbar, sie platzierte auch eine riesige aufblasbare Heckflosse im Zielraum des Ganslernhangs. Teilnehmen darf jeder, der eine der Sportarten beherrscht und über eine gültige Airline-ID verfügt. Im Schnee tummeln sich dieser Tage also Piloten, Flugbegleiter, Techniker, Putzkräfte sowie Ingenieure: „Jede Fluglinie darf ein Team stellen. Das einzige Problem für die Airlines ist es, ein Budget dafür locker zu machen“, gibt Halbe einen kleinen Einblick in die ringsum jährlich schrumpfenden Marketingbudgets: „Viele von denen, die hier sind, finanzieren das tatsächlich selbst. Und das ist kein kleiner Betrag, denn wir leben ja nicht von Wasser und Brot“, sagt Halbe. Zum letzten Mal nimmt die insolvente Air Berlin teil – mit Einzelkämpferin Simone Stampfer aus St. Johann in Tirol. Sie holt im Slalom Bronze. Silber geht an Nicole Dolf (Suiss), Gold an Sabrina Stampfer (Austrian). 180 Teilnehmer stellen sich insgesamt den alpinen Disziplinen Slalom und Riesentorlauf, jeweils 85 fahren Snowboard oder kämpfen auf der Loipe. Am häufigsten vertreten sind Piloten und Flugbegleiter.
Der gebürtige Nordrhein-Westfale Stephan Halbe ist nicht nur Präsident, sondern auch einer der Athleten: „Ich hätte heuer im Snowboard-Parallel-Slalom gerne meinen Titel verteidigt, aber es ist mir nicht ganz gelungen. Ich habe gegen den Silbermedaillengewinner vom letzten Jahr im Halbfinale verloren und bin Dritter geworden.“ Gold holt Aaron Wild (Swiss), Silber Tom Made (Scandinavian). Halbe fährt übrigens nicht für Deutschland, sondern für die Vereinigten Arabischen Emirate, denn er ist Kapitän bei Etihad Airways und fliegt A320 und A330. Naturgemäß sind die Fluglinien mit einer gewissen Nähe zum alpinen Bereich erfolgreicher, als etwa das Team der Qantas aus Australien. Nach Seriensiegen der Lufthansa holte 2016 Swiss die Gesamtwertung, im Vorjahr Austrian. „Wir haben Rennläufer und Fans hier, aber wir sind meistens wegen dem Spaß dabei“, sagt Susi Bauer von Qantas. „Wir haben niemanden, der so gut fahren könnte, dass er oder sie jemals am Podium stehen könnte.“
Für Stephan Halbe steht der Sport im Vordergrund: „Denn immerhin handelt es sich um eine Weltmeisterschaft. Der Spaß kommt aber an zweiter Stelle – etwa am Mottoabend“. Das Thema diesmal: Almabtrieb, was vor allem den Kollegen aus den USA erst erklärt werden muss. Am letzten Tag steht ein „Fun Race“ auf dem Plan – mit einer Zipfelbob-Staffel und kulinarischen Spezialitäten aus den Ländern der Airlines. Wie es heißt, auch alkoholischer Art. Kommt das „Fun Race“ auch in die Wertung? „Zum Glück nein“, antwortet Halbe. Und Bauer lacht: „Sonst würden die Australier endlich auch einmal gewinnen.“
Keine Sorge ums Gewinnen macht sich wohl Fabian Datzer, Techniker bei der Lufthansa und bis 2017 im erweiterten Kader des Deutschen Skiverbandes. Er holt sich Riesentorlauf-Gold mit einem Vorsprung von vier Sekunden. Nicht in Kitzbühel vertreten sind Fluglotsen, denn sie veranstalten ihre eigene WM. Ebenso wie etwa Ärzte, Apotheker oder Physiker.
Das Interesse, die World Airlines Ski Championships auszurichten, ist groß. Immerhin sorgen die Besucher in einer Phase ohne Ferien für bis zu 3500 Nächtigungen und einen Umsatz von bis zu 1,5 Millionen Euro. 2019 sicherte sich Bad Kleinkirchheim in den Kärntner Nockbergen das Event (Details über das Skigebiet lest ihr hier). Ob es 2020 in die USA nach Telluride, Beaver Creek oder Steambot bzw. nach Big White in Kanada geht, entscheidet sich noch dieser Tage.
Für die Organisation der Rennen sorgt der Kitzbüheler Ski Club und sein Präsident Michael Huber ist nicht nur eifriger Logistiker und gefragtes Fotomotiv für Selfie-Jäger, sondern auch Vorläufer: „Das ist der vergnügliche Teil, wenn ich einmal für eine Minute nicht im Dienst bin“, sagt er schmunzelnd. Seinen 50 Mitarbeitern, die sich fünf Tage in den Dienst der WM stellen, streut er Schneerosen. Immerhin sorgen die frühlingshaften Temperaturen für schwierige Bedingungen: „Die Airline-WM mit Ski-Alpin, Snowboard und Langlauf ist eine sehr besondere Aufgabe, die auch uns an unsere Grenzen bringt. Aber bis jetzt schaffen wir alles. Die Erfahrung meiner Leute ist unglaublich und unbezahlbar“, freut sich Huber. Und darauf, die Airliner im nächsten Jahr begrüßen zu dürfen, freut sich Bad Kleinkirchheim.