Seit 4. Februar richtet das schwedische Dorf Åre zum dritten Mal die Alpine Skiweltmeisterschaft aus. Wir stellen euch den Ort auf 380 Meter Seehöhe in der spärlich besiedelten Provinz Jämtlands län etwas näher vor. Hier gab es etwa zuerst ein Hotel, dann eine Bahn auf den Hausberg Åreskutan und erst Jahre später Elektrizität.
Angesichts der turbulenten und bis zu 48 Stunden langen Anreise vieler Athletinnen und Athleten mochte man glauben, die ersten Siedler Åres hätten sich für ihr Dorf in Schwedens Abgeschiedenheit einst einen besonders schwer zugänglichen Platz ausgesucht. Dabei ist der Ort weder der Nördlichste, noch der Kälteste im Skizirkus. So liegt Levi in Finnland nochmal 1000 Kilometer von Åre entfernt – in Richtung Nordpol. Dort, wo jedes Jahr der Slalom-Weltcup beginnt, hatte es in den letzten Tagen auch gerne einmal 40 Grad unter Null und nicht nur minus 30 wie im Veranstaltungsort der 45. Alpinen Skiweltmeisterschaft.
Aber es stimmt schon, am Nabel der Welt liegt Åre wirklich nicht, sondern in Schwedens Provinz Jämtlands län. Wieviel Gegend es dort in Mittelschweden gibt, belegen ein paar Zahlen: Größter Ort ist Östersund mit immerhin 44.400 Einwohnern, dahinter folgt Brunflo mit nur mehr 3900. In Jämtlands län, das etwas größer ist als die Slowakei, leben pro Quadratkilometer immerhin zwei Schweden – und in Åre insgesamt sogar 1400. Besucht werden sollen sie bis zum Ende der WM am 17. Februar von 120.000 Fans. Platz genug gibt es, denn Åre hat 32.000 Betten für seine Gäste.
Mit Großereignissen kennen sich die Bewohner traditionell aus: Schon zur ersten Weltmeisterschaft reisten 20.000 „Schlachtenbummler“ nach Åre. Das war 1954 und viele von ihnen erlebten eine Sternstunde in Österreichs Skigeschichte: In der Herrenabfahrt gab es einen Dreifachtriumph mit Christian Pravda an der Spitze, gefolgt von Martin Strolz und Ernst Oberaigner. Insgesamt acht Medaillen holte das ÖSV-Team vor 65 Jahren. Bei der zweiten WM in Åre im Jahr 2007 waren es sogar neun. Bislang war der Ort am Fuße des 1420 Meter hohen Hausberges Åreskutan ein hervorragender Boden für Österreichs Pistenartisten.
Die Geschichte des Tourismus begann freilich früher als die der alpinen Events: 1895 wurde das erste größere Hotel errichtet, 1910 eine Bahn auf den Åreskutan und acht Jahre später gab es im Dorf auch Elektrizität. Der erste Skilift folgte 1940 und es war gleichzeitig auch der allererste in ganz Schweden. Heute besuchen rund eine halbe Million Gäste das Wintersportmekka Jahr für Jahr – angezogen von mittlerweile 31 Liften und 91 Pistenkilometern.
Von der dritten Ski-WM in der Geschichte Åres erhoffen sich die Verantwortlichen einen neuerlichen Aufschwung, denn nach der Weltmeisterschaft 2007 stagnierten Gästezahlen und Umsatz. Seit dem Zuschlag vor fünf Jahren habe es in der Region „einen richtigen Boost“ gegeben, sagt Niklas Carlsson. Insgesamt 200 Millionen Euro habe man in die Infrastruktur investiert. Dabei denken die Schweden aber auch perspektivisch, denn zusammen mit Stockholm bewirbt man sich womöglich für die Austragung der Olympischen Winterspiele 2026. Eine Entscheidung soll im Juni fallen.
Als Niklas Carlsson, CEO der WM, rund um das Hahnenkammrennen in Kitzbühel zu Gast war, umriss er, wie die Schweden die nachhaltigste Weltmeisterschaft in der Geschichte veranstalten wollen: So werde versucht, Plastik so gut wie zu vermeiden, übriggebliebenes Essen nicht wegzuwerfen und „wir kommen zu 67 Prozent ohne fossile Brennstoffe aus“. Das liege an HVO (Hydrotreated Vegetable Oils), zu deutsch hydriertes Pflanzenöl. Das könne Diesel ersetzen etwa bei der Beheizung und den Pistenraupen. Eigentlich wollte man zu 100 Prozent auf fossile Brennstoffe verzichten, aber dieses Ziel habe man verpasst: „Benzin zu ersetzen war uns nicht möglich“, gab Niklas Carlsson zu.
Nur eines lässt sich in Åre – und nicht nur dort – nicht beeinflussen: das Wetter. Schon 2007 begann die WM mit drei Verschiebungen in Serie. Und auch 2019 ist selbiges nicht auszuschließen und das liegt am Inversionswetter: „Åre liegt sehr nahe am Atlantischen Ozean. Die Luftfeuchtigkeit ist ganz entscheidend, sie bringt Wolken mit“, sagt Pia Hultgren, die offizielle Meteorologin der WM gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“. Die eisigen Temperaturen seien keine Besonderheit: „Temperaturen von minus 30 Grad sind im Februar ganz normal. Die Kälte bleibt im Tal, es ist ein sehr starkes Inversionswetter. Oben ist es mild, da weht ein Wind von über 50 km/h, während es unten windstill und eisig kalt ist“, erklärt Pia Hultgren, die eine stabilere Wetterlage erst zur Wochenmitte erwartet.