Mit einer Samstagabendshow feiert Ski-Legende Stephan Eberharter (49) am 15. September im ORF seine Premiere als Fernsehmoderator. Im Interview spricht der Olympiasieger, Weltmeister und legendäre Streif-Bezwinger über seine TV-Performance, die Ambitionen seines Sohnes sowie die folgenschweren Tücken der Carving-Ski.
Mit dem Rücktritt 2004 haben Sie sich ganz ins Privatleben zurückgezogen. Nun moderieren Sie eine Samstagabendsendung im ORF, die tags darauf auch im Bayerischen Rundfunk gezeigt wird. Ist das ein Comeback in der Öffentlichkeit?
STEPHAN EBERHARTER: Nein, das ist es nicht. Aber ich liebe Herausforderungen und deshalb hab ich auf die Anfrage recht schnell geantwortet: „Ja, mach ma!“ Gänzlich fremd sind mir Kameras ja nicht, sie haben mich durch die ganze Skikarriere begleitet. Nur hab ich damals immer Antworten gegeben, jetzt hab ich einmal die Fragen stellen dürfen.
Aber bei einer Sendung namens „Die Alpen-Radshow“ mit Musik denkt man nicht automatisch an Stephan Eberharter als Moderator.
STEPHAN EBERHARTER: Stimmt, aber man wollte die Sendung breit aufstellen, damit für jeden etwas dabei ist. Von den Stars aus Volksmusik und Schlager über Tirol als Destination für Radfahrer, bis zu Menschen, die interessante Geschichten zu erzählen haben.
Wie war die Premiere als Moderator für Sie?
STEPHAN EBERHARTER: Ach, während sich Kamera und Beleuchtung noch positioniert haben, hab ich mich schon mit unseren Gästen unterhalten und da waren wir schnell per du und locker. Ich hoffe, das kommt auch im Fernsehen so rüber.
Wie schwer ist es Ihnen gefallen keine Fehler zu machen?
STEPHAN EBERHARTER: Es ist ja keine Live-Sendung. Von dem her hab ich sagen können: „Cut! Probieren wir es noch einmal!“. Ich will mich zwar nicht besser machen als ich bin, aber man war mit meiner Performance sehr zufrieden.
Lust auf mehr?
STEPHAN EBERHARTER: Ich hab das nicht gemacht, um eine neue Karriere zu starten und ich hab das auch nicht nötig. Aber man hat zumindest durchklingen lassen, dass es toll wäre, wenn man es weitermachen könnte. Ähnliches Konzept, aber – zum Beispiel – im Winter. Wenn man mich dann wieder fragen würde, ob ich das noch einmal machen möchte, werde ich mir das natürlich überlegen.
Sie spielen selbst Ziehharmonika. Wie steht es sonst um Ihren Musikgeschmack?
STEPHAN EBERHARTER: Ich bin eine Wildsau und in allen Ecken zuhaus – von Klassik bis zum Schwermetall. Meine Lieblingsband ist Metallica. Genauso gerne höre ich aber auch die Ursprung Buam oder guten Schlager, wenn er nicht zu schnulzig wird.
Zweiter Gastgeber der Sendung ist Moderatorin Verena Scheitz, ihres Zeichens „Dancing Star“ 2016. Wurde bei Ihnen schon einmal angefragt, ob Sie an der ORF-Show teilnehmen möchten?
STEPHAN EBERHARTER: Ja, fünfmal und ich hab fünfmal nein gesagt. Ich bin keiner, der für die öffentliche Belustigung da ist.
Sie moderieren die „Alpen-Radshow“, wir sitzen hier im Clubhaus des Golfplatzes Eichenheim in Kitzbühel und früher waren Sie Ski-Profi. Welchen Sport betreiben Sie über das Jahr verteilt heute am häufigsten?
STEPHAN EBERHARTER: Im Sommer sind es Radfahren und Golf, im Winter bin ich neben dem Skifahren leidenschaftlicher Langläufer. Ich liebe Langlaufen sehr, weil der Sport Kraft und Ausdauer verbindet. Für mich gibt es nichts Schöneres als sich durch die Wälder zu bewegen und sich dabei auszupowern.
Auf dem Weg zum Golfturnier hier in Kitzbühel, sind Sie an der Streif vorbeigefahren. Hat dieser Ort 14 Jahre nach Ihrem letzten Rennen an Bedeutung verloren?
STEPHAN EBERHARTER: Nein, Kitzbühel bleibt ein wichtiger Spot für meine Karriere. Hier fand 2004 ein Rennen statt, das zu meinen Karriere-Highlights zählt. Neben den Medaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften ist dieses Rennen nicht nur bei mir, sondern bei so vielen Menschen im Kopf geblieben. Wenn man mich auf meine Karriere anspricht, dann fast nur auf dieses Rennen, das ich mit über einer Sekunde Vorsprung gewonnen hab. Wenn ich dann hier bin, sinniere ich gerne über damals … Kitzbühel ist übrigens das einzige Rennen, zu dem ich im Winter hinfahre. Die Wertschätzung, die Siegern von früher hier entgegengebracht wird, ist unvergleichlich.
Stephan Eberharters historische Streif-Abfahrt 2004:
„Ein Glück, dass mir nichts passiert ist“, denken Sie heute, wenn Sie die Streif sehen. Zumindest haben Sie das letztes Jahr dem „Kurier“ gesagt. Was ist, wenn sich Ihr neunjähriger Sohn Felix dazu entschließt Skiprofi zu werden?
STEPHAN EBERHARTER: Wenn er das unbedingt möchte, würde ich das unterstützen. Aber so ist es Gott sei Dank nicht. Er fährt wahnsinnig gerne Ski. Aber wenn er das professionell betreiben möchte, muss er mit zehn, elf Jahren in die Skihauptschule und wäre von daheim weg. Das weiß er und diese Vorstellung schon bald von zuhause wegzuziehen, gefällt ihm nicht. Mir ist wichtig, dass er gesund bleibt und sich regelmäßig bewegt.
Sie sind nicht auf Facebook, Twitter oder Instagram und sogar auf ihrer Website www.steff.at gelangt man „nur“ zum Gästehaus Ihrer Eltern. Warum diese Verweigerung?
STEPHAN EBERHARTER: Ich will mich nicht mitteilen – das ist privat. Geschäftliches vereinbare ich mündlich. Ich muss der Welt nicht mitteilen, dass ich grad am Klo oder am Berg sitz. Das brauch ich nicht.
Wie verfolgen Sie den Ski-Weltcup? Sehen Sie sich jedes Rennen an?
STEPHAN EBERHARTER: Nein, jedes Rennen schau ich mir nicht an. Ich sag es ganz ehrlich: Es kommen schon viele Einladungen, sei es nach Garmisch, Wengen oder Sölden und ich müsste da schon einmal hinschauen … aber ich denke mir dann immer, dass mir das Wochenende dafür zu schade ist und gehe lieber selbst mit der Familie Ski fahren. Das ist mir wichtiger.
Sind Sie froh, dass Sie damals Teil des Rennzirkus waren und nicht heute?
STEPHAN EBERHARTER: Eigentlich dürfte ich das gar nicht sagen, denn alles was ich bin, verdanke ich dem Skisport, aber er hat sich extrem verändert. Bis zu meinem 25. Lebensjahr bin ich schneller durch die Kurven gerutscht und nicht gecarvt, weil ich keinen Carvingski gehabt habe. Das heißt, ich habe „unten“ keine Energie zurückbekommen – keinen Rebound. Riesentorlauf bin ich mit Zwei-Meter-Zehn-Latten gefahren. Da kannst nicht carven, sondern nur rutschen. Die Slalomski waren 2,05 Meter lang! Der war 25 Zentimeter über meinem Kopf! Das war nur ein Herumhüpfen zwischen den Toren. Aber die Belastung auf meinen Körper war eine viel geringere als heute. Der Carvingski gibt nicht nach. Wo du ihn hinsetzt, bleibt er. Die Fliehkräfte absorbiert der Läufer – seine Wirbelsäule, seine Füße, seine Knie, die Hüfte, alles. Es kommt nicht von ungefähr, dass heute vier 25-jährige Slalomfahrer sagen: „Ich bin fertig“. Sie haben ihre Kreuzbänder mehrfach gerissen und haben Rückenprobleme. Schaust du dir die ganz jungen Läufer an, stellt es dir die Haare auf: 10-, 12-, 14-jährige Rennläufer haben Kreuzbandverletzungen schwersten Grades und die kann man nicht operieren, weil das noch Kinder sind. Das ist ein Riesenproblem, das der Skisport hat und das ist Fakt. Ich bin sehr froh, dass dieser Kelch an meinem Sohn vorübergeht. Was natürlich nicht heißt, dass er sich nicht beim privaten Ski fahren das Kreuzband verletzen kann. Skisport heißt: höchstes Risiko.
Stephan Eberharter wurde am 24. März 1969 in Brixlegg geboren. Seine Karriere im Weltcup dauerte von 1989 bis 2004.
Der Zillertaler wurde 1991 in Saalbach-Hinterglemm Doppelweltmeister (Super-G und Kombination), noch ehe er ein Weltcup-Rennen gewonnen hatte.
Der erste Weltcup-Sieg folgte erst sieben Jahre später 1998 im Riesentorlauf von Crans-Montana. Bis 2004 gewann er fünf Riesentorläufe, sechs Super-G und 18 Abfahrten.
Bei dem Olympischen Spielen 1998 in Nagano holte er (hinter Hermann Maier) Silber im Riesentorlauf, bei den Spielen in Salt Lake City 2002 holte er Gold, Silber und Bronze – in Riesentorlauf, Super-G und Abfahrt. 2003 wurde er in St. Moritz Weltmeister im Super-G. Den Gesamtweltcup sicherte sich Eberharter 2002 und 2003.
Sein Abfahrtssieg 2004 auf der Streif in Kitzbühel gilt seit damals (und bis heute) als perfekter Lauf.
Seit dem Karriereende 2004 arbeitet der 49-Jährige als Testimonial von Colmar, Atomic, Uniqa und der Volksbank Tirol. Er hält Vorträge und ist Kolumnist bei der „Kronen Zeitung“.
„Die Alpen-Radshow“ läuft am 15. September um 20.15 Uhr in ORF 2 sowie am 16. September um 20.15 Uhr im Bayerischen Rundfunk.