Rund um den Weltcup

Levi – der etwas andere Weltcuport

Vorjahressieger Felix Neureuther mit seinem Gewinn © World Cup Levi/Nisse Schmidt
Vorjahressieger Felix Neureuther mit seinem Gewinn © World Cup Levi/Nisse Schmidt

Mag auch kein Weltcuport nördlicher gelegen sein als Levi, liegt auch in Finnlands hohem Norden zum Auftakt der Slalomsaison nur ein Schneeband. Für die Sieger der beiden Rennen am Wochenende gibt es auf 258 Meter Seehöhe dafür ein Rentier.  

Selbst der Weihnachtsmann lebt südlicher, einer finnischen Legende nach, nämlich in Rovaniemi, der Hauptstadt von Lappland. Trotzdem geht Levis Lage 170 Kilometer nördlich des Polarkreises keineswegs mit einer Schneegarantie einher. Seit der Weltcup hier gastiert (2004) und traditionell die Slalomsaison eröffnet, mussten die Rennen bereits dreimal abgesagt werden: 2007, 2011 sowie 2015. Und auch an diesem Wochenende liegt links und rechts der Strecke kein Schnee, aber die beiden Torläufe sind gesichert. Dank konserviertem Schnee bzw. Snowfarming, den richtigen Temperaturen und der Beschneiung. Naturschnee wird auch für Samstag (Damen ab 10.15 Uhr) und Sonntag (Herren ab 10.15 Uhr) keiner prognostiziert.


Seit 2004 wissen mittlerweile die meisten Skifans, wo Levi liegt und was es dort (fast) Jahr für Jahr spielt. Dabei hat sich mit Levi lediglich der Name des Berges etabliert, jenen des Ortes darunter kennt außerhalb Finnlands wohl niemand: Sirkka. Unter Finnen ist es das bekannteste Wintersportzentrum des Landes. Die Hauptstadt Helsinki ist zwar 1000 Kilometer entfernt, der internationale Flughafen in Kittilä aber nur 15. Apropos Kilometer! Dass die Einheimischen traditionell aber besser Langlaufen als Skifahren, ist auch an folgender Statistik abzulesen: In Levi stehen 45 Kilometer an Pisten 230 Kilometer Loipen gegenüber. Noch mehr Auswahl haben nur Benzinbrüder und -Schwestern: Wer mit dem Schneemobil und bis zu 60 km/h durch Lappland fetzen möchte, darf aus 886 Kilometern wählen.

Finnland ist nicht nur das „Land der 1000 Seen“, obwohl eine Zählung 187.888 ergab, sondern auch der komplexen Sprache. Es gibt nicht nur sage und schreibe 15 Fälle, sie ist auch nahezu unverständlich. Außer in jenen Momenten, in denen Deutschsprachige schmunzeln müssen. Hotel heißt hotelli, Tourist turisti, Wein vinii und Gondel gondoli. Geht es allerdings ums Skifahren auf Levis 43 Pisten, heißt es nicht etwa skii, sondern lasketellu.

Die Piste in der Saison 2017/2018 © World Cup Levi/Nisse Schmidt
Die Piste in der Saison 2017/2018 © World Cup Levi/Nisse Schmidt

Der Berg Levi mag vielleicht nur 531 Meter hoch sein, aber dennoch gelingt es der kleinen Erhebung Skifans mehrere Tage zu bespaßen –  es ist nämlich jede Seite für Skifahrer erschlossen: es gibt Abfahrten gen Norden, Osten, Süden und Westen. Natürlich findet sich, abgesehen von einem kleinen Teilstück des Weltcupslaloms, kein richtig steiler Abschnitt. Allerdings ist auch die Anzahl der wenig herausfordernden „Autobahnen“ vernachlässigbar. Etwa die Hälfte von Levis Pisten sind rot markiert und die meisten von ihnen gibt es in passablen Längen. Die einfachen Hänge sind ob ihrer Breite ein Paradies für Anfänger.

Unterwegs auf der Slalomstrecke 

Die Pisten-Highlights in Levi sind die Slalomstrecke und die Hänge in unmittelbarer Umgebung. Parallel zur „Gondoli 2000“ lässt sich der Torlauf sogar direkt ab dem Starthaus nachahmen: Er beginnt mit einem flachen, welligen Stück, der in einen mittelsteilen kurzen Abschnitt führt, ehe es nach einer Kante in den Steilhang geht, der sich vor der Planai nicht verstecken muss – allerdings dauert seine Befahrung wahrscheinlich keine 15 Sekunden. Wichtig ist es, aus den wenigen Momenten tüchtig Schwung mitzunehmen, sonst muss zur Liftstation geskatet werden, so flach ist der letzte Abschnitt (an dessen Stelle sich beim Rennen der Zielraum befindet). Die Weltcup-Strecke ist nicht nur die (geografisch) nördlichst gelegene, sondern mit einer Seehöhe des Ziels auf 258 Meter zugleich die niedrigst gelegene Piste im Alpinen Skiweltcup. Hier ein kurzer Eindruck, wie es sich auf der Weltcup-Piste ohne Torstangen fährt: 

Wer anschließend mit „Gondoli 2000“ wieder den Levi-Berg erklimmt und sich im Bereich des Slalom-Starthauses rechts hält, gelangt zu zwei genialen Slalom- und Riesentorlauf-Trainingsstrecken und sofern nicht gerade Finnlands Skinachwuchs bei der Arbeit ist, besteht hier keinerlei Gefahr tumultartiger Szenen. Die kurzen, aber anspruchsvollen und abwechslungsreichen Abfahrten scheinen die turisti eher abzuschrecken. Dabei sind die Abfahrten spannender als die Weltcupstrecke, allerdings wohl nicht lange genug und für Zielraum und Publikum wäre auch kein Platz. Die Strecken schneiden sich malerisch durch dichte Wälder, das Gelände ist einerseits hügelig und steil, andererseits ruhig abfallend und breit.

Während sich die Sonne im November nur zwischen 9.15 und 14.45 Uhr zeigt, scheint sie etwa ab Ende Februar vergleichsweise lange für einen nordischen Winter, sodass der Skispaß bis weit in den Nachmittag dauern kann – was durch den außergewöhnlich unanstrengend zu fahrenden Schnee noch erleichtert wird. Und für alle, die den Skipass wirklich ausreizen wollen hat Levi noch ein besonderes Angebot: 15 Pisten mit Flutlicht.

"Gondoli 2000". Wo die Gondeln Namen tragen © Skiing Penguin
„Gondoli 2000“. Wo die Gondeln Namen tragen © Skiing Penguin

Hat es in Levi erst einmal richtig (natürlich) geschneit, gleicht der Ort einem kitschigen Winterwonderland. Nicht nur auf und abseits der Pisten ist alles weiß, auch die Gehsteige und Straßen. Das ist kein optischer Effekt für Touristen, sondern Gesetz. Autos dürfen nur mit Spikes fahren, denn es wird nirgends Salz gestreut. Das würde nämlich nicht nur vom Schnee, sondern auch von den Rentieren und Elchen aufgenommen werden und Streusalz bekommt den Tieren so gar nicht. Um Rentiere geht es auch für Shiffrin, Hirscher, Neureuther und Co. Die Sieger des Slaloms erhalten neben dem Scheck traditionell auch einen der domestizierten Hirschen. Mit nachhause nimmt ihn freilich niemand. Immerhin haben die Rentiere vor dem Schlitten des Weihnachtsmannes bald wieder jede Menge Arbeit.

Teile des Textes sowie die folgende Bildergalerie erschienen bereits am 25. Februar 2018 im Rahmen der Rubrik „Ski-Trips“.