Ohne die Sponsoren seiner Ski-Experten könnte sich der ORF Hans Knauß, Alex Meissnitzer, Thomas Sykora und Co. nicht leisten. Um die 400 Euro soll der Sender pro Rennen bezahlen. Bei den Olympischen Spielen sind die Sponsoren allerdings verboten – der ORF erhöht die Gage nicht.
Sie gehören zum Sport wie Sieg und Niederlage: Kommentatoren und ihre Experten. Und was beide eint ist ihre Polarisierung. „Ich weiß, dass man es mehr als 50 Prozent ganz selten Recht machen kann“, sagt etwa ORF-Stimme Oliver Polzer. An seiner Seite bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang sitzen seit 9. Februar die Ex-Profis Thomas Sykora (Slalom) sowie Hans Knauß (Abfahrt, Super-G, Riesentorlauf) und auch über sie heißt es auf Leserbriefseiten und in Onlineforen immer wieder: „Typisch ORF. Wie unsere Gebühren verschwendet werden! Weg mit diesen Möchtegernabzockern!!“ Oder auch: „Schade ums Geld … verzichtbar … ALLE!!!“ Die andere Seite liest sich hingegen so: „Neid und Missgunst sind der österreichische Ausdruck höchster Anerkennung.“
Sportübertragungen ohne Experten ist Fernsehen aus der Vergangenheit. Weltweit setzen Sender auf Expertisen einstiger Profis – teils geschliffen, teils rustikal. Eine Mehrheit des Publikums schätzt dieses Service bzw. stört sich nicht daran – andernfalls hätten ORF, ARD, ZDF, Eurosport und Co. längst reagiert. Dass sich die Helden von früher daran eine goldene Nase verdienen, mag vielleicht für Deutschland gelten, nicht aber in Österreich. Wie viel Armin Assinger, Hans Knauß, Alexandra Meissnitzer und Thomas Sykora pro Rennen kassieren, wollte uns keiner mitteilen, aber es sollen 400 Euro sein. Der ORF bestätigt nur soviel, dass es sich um einen „geringen dreistelligen Betrag“ handelt. Außerdem werden Reisekosten und Hotel übernommen – allerdings „nur“ inklusive Frühstück und das in keinem Luxustempel.
„Die unangebrachten Kritiken an unseren angeblich hohen Gagen lese ich schon lange nicht mehr“, sagt Hans Knauß, der sich die ganze Saison auch als Testläufer über Hänge stürzt – ohne Stöcke, dafür mit Kamera: „Für das Geld, das wir bekommen, würden die meisten unsere Strecken nicht einmal abspazieren, geschweige denn im Renntempo fahren“, sagt der Steirer. Auch Armin Assinger kann die Kritik im Netz nichts mehr anhaben: „Ich habe mir im Laufe der Jahre abgewöhnt, die verbalen Online-Ergüsse mancher Zeitgenossen anzuschauen bzw. diese zu ernst zu nehmen. Die Meinung von anderen Experten, wie etwa Ex-Skirennläufern, Trainern und Serviceleuten, ist aber immer willkommen.“
Wie aber kann sich der ORF die Vielzahl an Experten in der Sportberichterstattung leisten? Für 400 Euro pro Tag inklusive Kost und Logis sind Streif-Sieger (Hans Knauß 1999), Gesamt-Weltcupgewinnerinnen (Alexandra Meissnitzer 1999.) und Quizshow-Moderatoren (Armin Assinger) nicht zu bekommen. Die Lösung ist einfach: Der öffentlich-rechtlich Sender erlaubt im Gegensatz zu ARD und ZDF, dass seine Insider vor der Kamera bis zu drei Sponsoren tragen dürfen – einen auf der Kopfbedeckung und zwei am Körper. Das ist zwar im Weltcup erlaubt, bei den Olympischen Spielen sind die Sponsoren allerdings verboten. Bessert der ORF die Gage nun nach? Nein, heißt es am Küniglberg: Knauß, Meissnitzer und Sykora haben in Pyeongchang „natürlich entsprechende Bildpräsenz“ und das freue wiederum ihre Sponsoren, wenn auch die wenig schmucken, aber umso wertvolleren Sticker auf den Skianzügen fehlen werden.
Hans Knauß macht seinen Job auch nicht nur des Geldes wegen. So hatte der 49-Jährige, der täglich trainiert, heuer sowohl auf der Streif als auch in Garmisch bei seinem Kameralauf ein paar Sekunden die Kontrolle verloren gehabt: „Aber das gehört dazu. Gott sei Dank kann ich mich auf meine Technik noch immer verlassen. Ich mache den Job gerne, weil ich mit Leidenschaft Ski fahre. Diese Leidenschaft scheint den ewigen Kritikern an uns Experten zu fehlen – in jeglicher Beziehung.“ Dafür bezahlt er auch Extras aus eigener Tasche: „Die 2400 Euro Aufpreis für die Business-Class-Flüge nach Südkorea und zurück bezahle ich selbst. Ich kann mit meiner Bandscheibe nicht 13 Stunden in den engen Economy-Reihen fliegen.“
Neben Knauß setzt der ORF in Südkorea bei den alpinen Bewerben noch auf Alexandra Meissnitzer und Thomas Sykora als Experten, Armin Assinger bleibt in Österreich bzw. in Köln, wo regelmäßig die „Millionenshow“ aufgezeichnet wird. Wie denkt der Kärntner generell über Winterspiele in Südkorea? „Asien ist ein Zukunftsmarkt für den Wintersport, insbesondere für das Skifahren. China will ja beispielsweise in den nächsten Jahren 300 Millionen Menschen auf die Pisten bringen. Das ist natürlich ein Argument dafür, Spiele in Asien auszutragen. Mittlerweile wird es aber wieder höchste Zeit für Spiele in Europa, klein dimensionierte, feine Spiele, wie damals in Lillehammer“. Von den Spielen im norwegischen Lillehammer 1994 schwärmt auch Hans Knauß: „Olympische Spiele in Südkorea haben schon ihre Berechtigung, denn es geht eben nicht immer um uns Europäer. Olympische Spiele sind eine Veranstaltung von globalem Interesse.“ Der Schladminger prangert allerdings den – diplomatisch ausgedrückt – unaufhörlich wachsenden Drang nach Gewinnmaximierung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) an und hofft, „dass dieser Wahnsinn und die Gigantomanie mit den Winterspielen in Peking 2022 ein Ende haben werden. Die Verantwortlichen sollen sich ein Beispiel an den maßvollen Spielen 1994 im kleinen Lillehammer nehmen.“
Alexandra Meissnitzer sieht in den Spielen in Pyeongchang das Positive: „Allein die Annäherung von Nord- und Südkorea zeigt, dass der Sport verbindet und Perspektiven schafft. Wir alle sind Botschafter für ein friedvolles Miteinander und es ist eine Ehre, bei den olympischen Spielen für den ORF mitwirken zu dürfen.“
Wie spät bzw. wie früh die alpinen Bewerbe bei den Olympischen Spielen hierzulande übertragen werden, lest ihr hier.