Der zweite Mountain Peak in Kitzbühel widmete sich in drei sehr emotionalen Diskussionsrunden den Themen Klima, E-Sports und der Zukunft des Ski-Weltcups.
Erst zum zweiten Mal fand der Mountain Peak in Kitzbühel statt, aber nicht nur die Besetzung der kontrovers geführten Diskussionsrunden, auch die Hochkaräter unter den 150 Zuhörern waren ein Beleg dafür, dass sich der von MHM Majors organisierte Talk binnen eines Jahres in der Skiszene etabliert hat. Im Publikum saßen u. a. Ivica Kostelic, Niki Hosp, Elisabeth Görgl, Wolfgang Maier (DSV-Sportdirektor), Kilian Albrecht (Manager von Mikaela Shiffrin) und Josef Burger (Vorstand der Bergbahn Kitzbühel AG).
Es ging auch schon im ersten Themenblock alles andere als gemütlich los, denn bei „Wintersport im Spannungsfeld zwischen Profit und Umweltschutz“ prallten gänzlich konträre Anschauungen aufeinander: „Ich lass mich nicht gerne verarschen – auch nicht von der Klimawelt“, sagte Peter Schröcksnadel. Der ÖSV-Präsident hält viele Prognosen für übertrieben: „Das mit dem Schneemangel in Skigebieten unter 1000 Metern ist ein Blödsinn. Das sind natürliche Schwankungen, da wird viel hineininterpretiert, was so nicht stimmt.“ Dem 77-jährigen Tiroler gegenüber saß Olaf Tabor, Geschäftsführer des Deutschen Alpenvereins, und er lieferte sich mit Schröcksnadel ein leidenschaftliches Wortduell: „Es wäre fatal so zu tun, als gäbe es den Klimawandel nicht“, warnte Tabor und riet dazu radikal umzudenken: „Wenn das Wetter es nicht zulässt, ist auch Verzicht eine Option.“ Auf den Skisport zu verzichten, ist für Peter Schröcksnadel naturgemäß keine Option: „Wir leben von der Natur und wir wollen uns vom Alpenverein nichts sagen lassen. Der Alpenverein und der Skiverband haben nicht die gleichen Interessen.“ Und der ÖSV-Boss setzte noch eine kleine Spitze in Richtung des großen Nachbarn ab: „Die deutschen Skigebiete leiden Not, weil bei den Deutschen Schneemachen verpönt ist.“
Beinahe zum Nebendarsteller während der ersten Talkrunde geriet Niklas Carlsson, CEO der am 4. Februar beginnenden Ski-WM in Åre. Aber er konnte zumindest stolz präsentieren, dass man versuchen werde, eine grüne Weltmeisterschaft zu organisieren. So wird angestrebt, Plastik so gut wie zu vermeiden und man komme zu 67 Prozent ohne fossile Brennstoffe aus – dank Elektro-Autos und dem Heizen mit Diesel-Ersatz. Außerdem wolle man Essen, das bei der Ski-WM übrig bleibt, nicht wegwerfen, sondern weiterverarbeiten bzw. verteilen, kündigte Niklas Carlsson an.
Nicht minder aufgeheizt verlief die zweite Diskussionssrunde unter der Leitung von Johannes B. Kerner, denn beim Stichwort E-Sports gerieten viele für gewöhnlich ausgeglichene Sportlergemüter in Wallung. So ist E-Sport, also Videospiele, vor allem im asiatischen Raum längst zu einem Event mit Millionen vor den Bildschirmen der Live-Übertragungen und Zigtausenden in den Stadien geworden. Ian Verchere, CEO und Gründer von Session Games, steht etwa hinter dem Spiel „Red Bull Free Skiing“ und die Daten würden zeigen, dass die Spieler den Sport auch wirklich ausüben wollen: „Was uns gelingen muss ist die Verbindung vom Handygame zur Piste.“ DSV-Sportdirektor Wolfgang Maier hingegen kann E-Sports überhaupt nichts abgewinnen: „Das ist kein Sport! E-Sports halten davon ab, sich zu bewegen. Dass man da Synergien findet, ist eine totale Träumerei.“ Auch Elisabeth Görgl hielt es nicht auf ihrem Sitz. Der Doppelweltmeisterin fehlt der Glaube, dass Videospiele ein Auslöser dafür sein können, „richtigen“ Sport zu betreiben.
Gottfried Wurpes, seines Zeichens CEO und Markenbotschafter von Technogym, meinte: „Es ist der Sport, der sich beim E-Gaming anhängen muss, nicht umgekehrt.“ Damit fand er just bei Peter Schröcksnadel Gehör: „Wir als ÖSV wollen in den E-Sport, weil man damit viel Geld verdienen kann, das wir für unseren Sport brauchen. Verhindern können wir es eh nicht, also sollten wir es in die richtige Richtung bewegen.“ Wolfgang Maier vom DSV wiederum zeigte sich regelrecht verärgert: „Wenn die Bundeskanzlerin heute Zuschüsse für den E-Sport ausschüttet, welche eigentlich den Sportverbänden zustehen, ist das nicht richtig. Dieses Geld fehlt uns.“
Abschließend widmete sich der Mountain Peak der Weltcup-Zukunft zwischen den Klassikern wie Wengen, Gröden, Bormio und Kitzbühel sowie den noch jungen City-Events. Mit den Rennen weiter in die Städte zu gehen, befürwortete etwa Urs Lehmann, der Präsident des Schweizer Skiverbandes: „Wir müssen dahin, wo die Leute sind. Und wir müssen die digitale Welt mehr abholen.“ Was fast alle Zuhörer im Saal und auf dem Podium störte, war der enge Terminkalender der FIS. So liegen zwischen den Weltcup-Rennen in Garmisch und den ersten Trainings bei der WM in Åre nur wenige Stunden: „Bei der Terminlegung werden die Verbände nicht immer gefragt“, monierte Urs Lehmann und eine Ski-Legende aus dem Publikum erhob sich und pflichtete dem Schweizer bei: „Entscheidungen werden stets für das Fernsehen, Sponsoren oder Verbände gemacht, allerdings nie für die Athleten. Wann trifft man Entscheidungen endlich für den Sport?“ fragte ein sichtlich enttäuschter Ivica Kostelic.
Das Schlusswort gehörte Organisator Marcus Höfl: „Nach dem positiven Feedback im letzten Jahr haben wir auch beim diesjährigen Mountain Peak eine lebhafte Diskussion erlebt. Die Beteiligten vertraten engagiert ihre Sichtweisen, waren gleichzeitig aber bestrebt, gemeinsam Lösungswege zu finden. So können wir gut an den Themen weiterarbeiten und damit fangen wir gleich morgen an.“
Ein kurzer Video-Rückblick: