Innerhalb weniger Jahre hat sich „Vertical Up“ zu einer internationalen Rennserie entwickelt. Am 24. Februar nahmen rund 1000 Teilnehmer die Abfahrtsstrecke der Streif in Angriff. Abends, bei eisigen Temperaturen und zu Fuß von unten nach oben.
Wer schon einmal aus dem Starthaus der Streif Richtung Mausefalle geblickt hat, stellt in den meisten Fällen kopfschüttelnd fest, dass schon eine fast unerhörte Portion Verrücktheit dazugehört, die gefährlichste Weltcupstrecke im Skizirkus mit bis zu 150 km/h zu bewältigen. Nicht viel weniger verhaltensauffällig zeigen sich jene Sportler, die das Rennpferd von hinten aufzäumen: Sie laufen die legendäre Abfahrt vom Zielhang über die Hausbergkante, Seidlalm, Gschöss, Steilhang und Mausefalle bis ins Starthaus hinauf. Und weil das freilich nicht speziell genug ist, unternimmt man so etwas nach Einbruch der Dunkelheit und im Winter. Grüß Gott beim „Streif Vertical Up“, der etwas anderen Rennserie.
Begonnen hat alles mit einer Idee im Jahr 2010 und bereits ein Jahr später stellten sich 191 Teilnehmer der Herausforderung. Bei seiner achten Auflage am Samstag, dem 24. Februar, waren es 1000. Eine der Regeln lautet: es gibt keine. Solange Helm und Stirnlampe getragen werden, ist man willkommen. Ob man die 3,3 Kilometer auf Tourenski, Langlaufski, Laufschuhen mit Spikes, Schneeschuhen, Skistöcken oder barfuß bewältigt, ist egal. Hauptsache, man hält sich an den Streckenverlauf. Wem es mehr um die frische Luft mit weniger Hektik und Steilpassagen geht, darf auch die Familien-Streif anvisieren – hier spart man sich u. a. die Hausbergkante und den Steilhang.
Die letzten Minuten vor dem Start sind einzigartig: Den Zielhang überstrahlt ein Lichtermeer aus hektisch hüpfenden Stirnlampenträgern. Fast jeder der Teilnehmer versucht bis zum „Go“ auf Temperatur zu bleiben. Immerhin hat es 5 Grad unter Null. Trotzdem sind mindestens drei Herren in kurzen Hosen unter den Wagemutigen. Hinzu kommen u. a. ein Wildschwein, eine Hexe und eine Kuh – der „Best-Dressed-Wertung“ wegen. Als sich die Menge in Bewegung setzt, sind die Bilder nicht minder eindrucksvoll. Vor der überdimensionalen Gams über dem Zielhang teilt sich die leuchtende Menge in zwei Teile. Links geht es Richtung Hausberg-Traverse, rechts gen Ganslernhang und Familien-Streif.
Für das Publikum beginnt an dieser Stelle auch ein kleines Rennen, denn die Schnellsten brauchen für die Strecke ca. eine halbe Stunde und wer die Athleten im Ziel begrüßen möchte, sollte sich schleunigst zur Hahnenkammbahn aufmachen. Unter dem Ziel (dem Starthaus) haben die Bergbahnen eine mehrstufige Tribüne in den Schnee gefräst und wenige Minuten nachdem die Fans eingetroffen sind, tut es ihnen der erste Läufer gleich. Hans-Peter Meyer kämpft sich als Erster über die 860 Höhenmeter und die zum Teil 85 Prozent steile Mausefalle. Mit einer hervorragenden Zeit von 32:55,7 verwies der Kitzbüheler im Wildschwein-Outfit den Italiener Manuel Da Col und den Osttiroler Ingemar Wibmer auf die Plätze zwei und drei. Hans-Peter Meyer freut sich nicht nur über seinen Triumph, die Streif andersrum bezwungen zu haben, sondern auch über die Siegesprämie von 500 Euro. Die schnellste Frau im Feld war die Osttirolerin Susanne Mair mit ihrer Zeit von 40:39,6. Den zweiten Platz belegte die Tirolerin Verena Krenslehner-Schmid, Dritte wurde die Kärntnerin Marlies Penker.
„Vertical Up“ hat sich inzwischen zu einer internationalen Rennserie entwickelt. Neben der Streif werden in einer Saison auch Abfahrtsstrecken in Gröden (Saslong), Pinzolo (Madonna di Campiglio), Wengen und Hinterstoder bezwungen. Die Gesamtwertung führen Marlies Penker und Hans-Peter Meyer an. Das nächste Rennen und zugleich das Finale findet am 25. März in Wengen auf der Lauberhorn-Abfahrt statt.
Wer Lust auf diesen verrückten Berglauf bekommen hat, kann sich hier für das Rennen in Wengen anmelden. Mehr Fotos vom Run in Kitzbühel findet ihr hier.