Österreich verfügt über die größte Schneesicherheit seit 125 Jahren. Davon profitieren können aber oft nur die großen Destinationen. Auch weil die Vorstellung von einer perfekten Piste eine andere ist als vor 30 Jahren, sagt Skitourismusforscher Günther Aigner.
Am 29. Mai erschien der erste Teil unseres Gesprächs mit Skitourismusforscher Günther Aigner. Darin sprach der Tiroler über den fehlenden Nachwuchs im Skisport, die kälter gewordenen Winter, den Klimawandel und unsere Gletscher (nachzulesen hier). Im zweiten und letzten Teil geht es um Österreichs große Schneesicherheit, die (zu) verwöhnten Skifahrer und die daraus resultierenden Schwierigkeiten für die kleinen Wintersportorte.
Wie steht es um Österreichs Schneesicherheit?
„Durch die technische Beschneiung und dadurch, dass sich die Temperaturen im Winter nicht wahnsinnig verändert haben, verfügen wir derzeit auf den Skipisten über die größte Schneesicherheit, seit wir in Österreich Ski fahren. Noch nie in den letzten 125 Jahren waren Österreichs Pisten so schneesicher wie jetzt“, sagt Skitourismusforscher Günther Aigner und bringt als Beispiel seinen Wohnort Kitzbühel auf (nur) 760 Metern Seehöhe: „Die Talabfahrt vom Hahnenkamm konnte heuer bis 20. April befahren werden. Das wäre in den relativ kalten und vor allem schneereichen Wintern der 70er-Jahre nie möglich gewesen.“ Aigners Haltung zur technischen Schneeerzeugung sei zwar „ganz wertfrei“, allerdings: „Ob man Schneekanonen jetzt gut oder schlecht findet: Sie sind extrem effizient.“
Wie profitiert ein kleines Skigebiet ohne Beschneiung in niedriger Lage von den kalten Wintern?
„Für die ist es schwierig“, sagt Günther Aigner und das selbst, wenn genug Schnee fällt, um die Lifte aufzusperren: „Denn dort kannst du häufig nicht die Pistenqualität anbieten, die von den Sportlern erwartet wird.“
Hatten es kleine Skigebiete früher leichter?
Günther Aigner bejaht diese Vermutung. Nicht aber, weil früher angeblich vieles besser gewesen sein soll. Für ihn liegt der rückläufige Zuspruch bei den kleinen Skigebieten bzw. den so genannten „Bürgermeisterliften“ vor allem darin, dass die Skifahrer immer „verwöhnter“ geworden seien: „Ein Teil dieser Verwöhnung ist darin begründet, dass wir die Erwartungshaltung – durch die technische Beschneiung – für eine gut gepflegte Piste immer weiter in die Höhe schrauben.“ Würde man aus seiner Sicht einen Österreicher oder einen Deutschen heute nach dem idealen Aussehen einer gut gepflegten Piste fragen „würde die sicher ganz anders aussehen als vor 30 Jahren“, ist sich Aigner sicher. „So ein Cappuccino-artiges Aussehen bzw. leichte Schmutzelemente oder ein grüner Fleck wird heute überhaupt nicht mehr toleriert, wohingegen das vor 30 Jahren noch ganz normal war.“
Wird Skifahren immer schwerer leistbar?
„Wir haben die kuriose Situation, dass die Leute schimpfen, Skifahren wird immer teurer, aber die teuersten Skigebiete sind überfüllt und die extrem billigen nicht“, sagt Günther Aigner und verweist auf seine Recherche nach Österreichs Super-Spartarifen. So kostet eine Tageskarte bei den Liften Schuttannen in Vorarlberg 14 Euro, am Oberwaldlift Faistenau in Salzburg zwölf Euro, beim Skilift Rettenegg in der Steiermark zehn Euro und bei den Liften in Reith bei Kitzbühel ist sie überhaupt kostenlos. Aigner erklärt: „Im Marketing haben wir den Begriff ,Evoked Set‘ gelernt und diese Skigebiete befinden sich wohl nicht mehr im Evoked Set (Anmerkung: Berücksichtigungsfeld) der Kunden. Wenn es heißt ,gehen wir Ski fahren‘, dann ist in deiner Auswahl (Anmerkung: in und um Kitzbühel) vielleicht Saalbach-Hinterglemm, Kitzbühel und die SkiWelt Wilder Kaiser, aber möglicherweise nicht die Buchensteinwand oder Kelchsau, und das ist doch eigentlich ungerecht.“